2018 klimatisch ein Jahr der Extreme
Der etwas späte Termin unseres Neujahrsempfangs versetzt mich in die bequeme Lage, alle die Jahresrückblicke und Neujahrsvorschauen in Ruhe verfolgen zu können. Da drängt sich bei mir der Eindruck auf, 2018 war klimatisch das Jahr der Extreme.
Extrem war das Wetter: Im Januar 2018 hatten wir kaum Niederschläge in Bayern, in Norddeutschland schwere Stürme. Washington versank in Eis und Schnee. Dann kam der Sommer, der bei uns gefühlt von Ostern bis Oktober dauerte. Wir hatten 75 Sommertage, an denen 25 Grad oder mehr gemessen wurden. Bäder und Biergärten hatten Hochkonjunktur. Die Winzer freuten sich – der Wein wird ein Spitzenjahrgang. Die Landwirte standen vor ihren vertrockneten Feldern. In Kalifornien brannte es im Herbst wochenlang, der jahreszeitlich übliche Regen blieb nicht nur in den Vereinigten Staaten aus. Dafür verwüsteten Sturm, Hagel und Wind Südfrankreich und Teile Italiens, von Venedig bis Rom.
Noch immer gibt es Skeptiker, die den Klimawandel leugnen – gerade jetzt. Tatsache aber ist, die Erderwärmung steigt, das Wetter wird heftiger und extremer Wetterlagen folgen in immer kürzerem Abstand aufeinander. Die Ursachen liegen eben nicht nur bei „normalen“ Klimaverschiebungen, die es in der Erdgeschichte immer gab. Wir Menschen, unsere Wirtschaftssysteme und Lebensweise sind mitverantwortlich- länderübergreifend. Leider war bei den Klimaverhandlungen in Polen vor ein paar Wochen der große Durchbruch nicht zu erkennen. Zwar hat Deutschland mittlerweile 40 % regenerativ gewonnenen Strom, aber ansonsten bleiben auch wir hinter den gesteckten Klimazielen zurück und tun uns schwer mit Veränderungen. Ein Gericht hat entschieden, dass der Hambacher Forst vorerst stehen bleibt und nicht dem Braunkohle-Abbau weichen muss. Noch immer einer unserer Hauptenergieträger, weil im Tagebau vergleichsweise billig. Dabei ist die Braunkohle, einer der größten Umweltverschmutzer die es gibt. Professor Harald Lesch rechnet in einem Video kurz und nachvollziehbar vor, warum man das in der Braunkohle gebundene CO² dort lassen sollte wo es ist, unter der Erde.
Die Bundesregierung will 2019 Taten sprechen lassen. Und ich denke, jeder von uns hat den Auftrag in seinem Umfeld noch bewusster zu leben und zu entscheiden.
Klimatisch Bewegendes gab es 2018 auch in der großen Politik. Das Ende des 1.Weltkriegs jährte sich zum 100ten mal. Merkel und Macron bleiben uns mit einem starken Bild der Versöhnung im Gedächtnis. Bei der Gedenkfeier in Paris wurde aber leider auch die Zerrissenheit der Mächtigen dieser Welt sichtbarer denn je. Der amerikanische Präsident kommt zu spät, der russische kommt noch später. Deutlicher konnten sie nicht zeigen, dass sie sich ungern in die internationale Staatengemeinschaft einreihen wollen und nur schwer ein Platz für sich finden.
Die Bundeskanzlerin warb in ihrer Rede für Zusammenhalt mit den Worten: “Wohin nationale Selbstherrlichkeit und militärische Überheblichkeit führen, hat der erste Weltkrieg gezeigt. Ich beobachte mit Sorge, dass wechselseitige Beziehungen zwischen Ländern immer mehr ignoriert werden.“ Wenn nationale Alleingänge schon vor 100 Jahren keine Lösung waren, wie könnten sie es heute sein?
Und doch gehen viele Staaten diesen Weg. Die neue USA haben im letzten Jahr weitergemacht wie 2017, sie spalten weiter. Trumps ‚Amerika first‘ , sein Satz: „Ich bin Nationalist“, tragen zu einem Weltklima bei, in dem sich immer mehr autokratische Machthaber etablieren können. Die Sprache verroht und damit das Zusammenleben. Gerade übernimmt in Brasilien der neue Präsident Bolsonaro sein Amt und reiht sich gleich ein bei den Orbans, Kurz’s, Dudas, Putins und denen, die in nationaler Ausrichtung , im Verleugnen des Klimawandels und in dem Bestreben, kein Thema mehr gemeinsam anzugehen auf dieser Welt, ihre eigene Gemeinsamkeit finden. Angespannt ist auch das Binnenklima in Großbritannien. Nach quälend langen Verhandlungen wird Großbritannien aus der EU austreten, ob mit oder ohne Vertrag. Eines ist heute schon klar: Das Land ist in sich gespalten wie nie, es geht ein Riss durch die Bevölkerung und die Generationen, der eine tiefe Narbe hinterlassen wird. Am 26. Mai ist EU-Wahl in Deutschland. Ich hoffe, Sie gehen alle hin und geben Ihre Stimme den Parteien, die für Zusammenhalt und Zusammenarbeit in Europa stehen.
Und wie war die politische Großwetterlage bei uns in Deutschland? Wir haben das Jahr 2018 begonnen mit der schwierigsten und längsten Regierungsbildung in unserer Geschichte. Nach dem die FDP die Koalitionsverhandlungen scheitern ließ, sollte es die GroKo noch mal richten. Das Zustandekommen dieser Regierung wurde von politischen Beobachtern der SPD als Erfolg zugeschrieben. Sie hat sich nur mühsam dazu durchgerungen – wie wir heute wissen, hat die SPD dafür einen hohen Preis gezahlt.
In der öffentlichen Wahrnehmung hat sich die Bundesregierung zu lange mit sich selbst beschäftigt, was nur zum Teil stimmt. Es wurde einiges auf den Weg gebracht: Aber die positiven Dinge wurden vor allem durch ein Thema überdeckt: Migration. Ein Asylstreit wurde vom Zaun gebrochen, der keinerlei sachliche Begründung hatte. Erbittert sind Merkel und Seehofer sich in den Haaren gelegen, haben die Auseinandersetzung zu persönlich geführt. Den Gipfel bildete der Umgang mit dem damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen.
In Chemnitz führte der Tod eines Menschen zu Demonstrationen, instrumentalisiert von Rechtsradikalen, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Wir müssen eine Zunahme antisemitischer Angriffe verzeichnen. Unter #wirsindmehr formiert sich parallel eine breite demokratische Gegenbewegung, für Toleranz und Respekt im gegenseitigen Miteinander.
Dennoch: Die Entfremdung wächst, zwischen Bürgerinnen und Politikerinnen – zwischen den Menschen mit unterschiedlichen Meinungen. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat zurecht in seiner Weihnachtsansprache dazu aufgerufen, wieder mehr miteinander zu reden, das persönliche Gespräch zu suchen, statt nur – oft anonym – auf den sozialen Netzwerken zu pöbeln und zu beleidigen.
Gelegentlich fehlen aber auch uns Kommunalpolitikern die Worte angesichts übergeordneter politscher Entscheidungen, die einen ratlos machen, die man auch mit bestem Willen einfach nicht mehr plausibel erklären kann: beispielsweise die Diesel-Affäre. In den USA muss VW seine Autos zurückkaufen, längst schon. Und bei uns? Hier haben wir jetzt das erste Dieselfahrverbot, und eine Umtauschprämie beim Neuwagenkauf. Ich finde das lächerlich, armselig. Und ich verstehe jeden Geschädigten, den da die Wut packt und sich der Sammelklage anschließt.
Die Landtagswahlen in Bayern haben sicher auch dafür die Quittung gebracht. Die Volksparteien sind abgestürzt, die eine sehr und die andere noch mehr. Es ist eine neue grüne Kraft entstanden, aber statt Veränderung gibt es nun ein Weiter so. Mittlerweile herrscht zwischen Bund und Freistaat wieder mehr Harmonie und auch unser Haarer Reizklima im Gemeinderat hat sich gebessert. Spätestens bei der Diskussion um die Straßenbenennung im Jugendstilpark haben wir bewiesen, dass wir konstruktiv zusammenarbeiten können, in gegenseitigem Respekt eine einvernehmliche Lösung finden. Dafür danke ich allen Beteiligten sehr.
Wenn ich die Zeitungen aufschlage, lese ich in den letzten Wochen viel über neue Projekte in anderen Gemeinden: Carsharing, Grünvernetzung, Artenvielfalt, Urban Gardening – wir sagen „Haar zum Anbeißen, regenerative Energien und CO2-Einsparungen. Haar hat das alles schon, und zwar schon seit vielen, vielen Jahren. Wir sind im Haarer Gemeinderat so scheint es weitsichtiger und beherzter: Schon Mitte der Neunziger haben wir Eglfing so geplant, dass Grün- und Heckenstrukturen ihren Platz fanden – nicht nachträglich abgetrotzt, sondern frühzeitig mitgedacht. Auch im Jugendstilpark haben wir darauf geachtet, dass das neue Viertel nicht sein gewachsenes Gesicht verliert. Der Regionale Grünzug zum Riemer Park seit Jahren geplant, wird dieses Jahr angepackt. Wir haben 100 % Ökostrom bei den Gemeindewerken und innerörtlich zahlreiche Radwegeverbindungen. Wir haben schon viel getan, aber wir müssen noch mehr tun. So haben wir eine neue Stelle geschaffen für einen Klimaschutzbeauftragten, der unsere Gemeinde beim Erreichen der Klimaziele unterstützen und die Bürger*innen beraten soll.
Einen Beitrag soll auch das integrierte Mobilitätskonzept leisten, an dem wir aktuell arbeiten. Am 20. März lade ich Sie, die Bürgerinnen und Bürger Haars, zu einer Veranstaltung im Bürgerhaus ein, bei der Sie aktiv mitarbeiten können, Lösungen für Mobilität und den wachsenden Verkehr zu finden. Denn vor Ihrer Haustüre sind Sie die Experten und wir brauchen Ihre Erfahrungen. Auch online wird man sich einbringen können. Verkehr zählt zu unseren Hauptthemen. Deshalb vertrete ich als Bürgermeisterin unsere Gemeinde auch in den Verkehrsbündnissen, die sich auf interkommunaler Ebene im letzten Jahr gegründet haben. Haar leidet extrem unter dem Transitverkehr auf den beiden Bundesstraßen, vor allem auf der B471.
Vernetztes Denken und Arbeiten ist das Gebot der Stunde – auch auf der kommunalen Ebene. Gerade wir in Haar wissen, dass wir nicht alleine für Verkehrsberuhigung sorgen können. Wir brauchen das Landratsamt bei der Autobahnparalle und dem öffentlichen Nahverkehr, das Straßenbauamt bei den Bundesstraßen, unsere Nachbarn sowie diese uns. Vom Freistaat erhoffe ich mir die längst überfälligen Maßnahmen zur Verbesserung der verkehrlichen Infrastruktur.
Wir kümmern uns derweil in Haar um die gemeindlichen Möglichkeiten. Wobei nicht nur der Autofahrer Vorfahrt haben soll. Uns geht es um Mobilität für alle: mit dem Fahrrad, zu Fuß, mit Rollstuhl. Im Frühjahr starten auch bei uns die Verleihräder. Wir werden überlegen, wie wir mit der Leibstraße weiterverfahren, mit der Südumgehung in Gronsdorf für Radler, mit der Spange Nord und der Ableitung Jugendstilpark, übrigens ein verkehrsberuhigter Wohnbereich komplett ohne Durchgangsverkehr.
Verkehr vermeiden wir in Haar auch durch eine vorausschauende Planung: Keine Einkaufsläden auf der grünen Wiese, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, Sport- und Kulturangebote vor Ort, Nachverdichtung wo sinnvoll, auch um Grünräume zu schützen. Wie es mit dem Bahnhof weitergeht – fragen Sie mich besser nicht. Wir als Gemeinde haben unsere Hausaufgaben gemacht. Der Nordzugang wurde wie geplant fertig. Im Süden ist jetzt ist die Bahn am Zug. Und die hat Verspätung.
Unsere Bauprojekte sind im Fahrplan. Außergewöhnlich oft konnte ich im letzten Jahr zur Schaufel greifen und den ersten Spatenstich setzen für Wohnungsbauprojekte, die unser gemeindliches Wohnbauunternehmen in Angriff genommen hat und auch für die neue Grundschule, die wir dringend brauchen. Hier ist es mir um der Mehrheit im Gemeinderat wichtig, dass wir ein Gebäude errichten mit guten Baustoffen, die lange halten und wenig Wartung brauchen. Mit einer Mensa und einer Sporthalle, auch für unsere Vereine. Eine Schule mit bester Ausstattung, Möbel für flexible Unterrichtskonzepte, mit Tablets und W-Lan, Glasfaseranbindung, damit moderner Unterricht möglich ist. Kurzum ein Haus, in dem sich unsere Kinder wohlfühlen. Weil sie es uns wert sind. Unsere Lehrkräfte und Ganztagsbetreuer*innen natürlich auch. Wir können auf ein gut gefülltes finanzielles Polster zurückgreifen. Um alles zu schultern, werden wir aber auch Kredite aufnehmen zu sehr günstigen Bedingungen. Ja, unsere Verschuldung steigt, aber es sind positive Schulden, denn wir schaffen Wohnraum, der durch die Mieten wieder Geld einbringt und wir bauen das Bildungsangebot und die Lebensqualität in unserer Gemeinde weiter aus.
Ein Wermutstropfen ist der Wegzug von MSD. 2021 wird es soweit sein. Wir bauen die Wirtschaftsförderung im Rathaus ab März aus und arbeiten mit Hilfe der Gewerbestudie und dem Gewerbeentwicklungsplan daran, Haar als Unternehmensstandort weiter zu verbessern, damit wir innovative Firmen und gute Gewerbesteuerzahler bei uns ansiedeln können.
Auch die neu eröffnete FOS in der Hans Pinsel Straße ist ein Baustein: Der Fachkräftemangel ist bei unserer Gewerbebefragung immer als Problem genannt worden. Jetzt haben unsere Firmen die Möglichkeit, FOS-Schüler*innen über Praktika an sich zu binden. Neben Wirtschaft und Verwaltung, Soziales und Gesundheit, wird ab Februar auch der Zweig Technik dazukommen. Beim Schulcampus hängen wir an der Entscheidung der Landeshauptstadt München. Wir warten auf eine Entscheidung am Rappenweg: ohne Durchstich kein Spatenstich für die Schulen.
In diesem Jahr werden auch unsere beiden Seniorenwohnprojekte bezugsfertig. Ins ‚Wohnen mit Service‘ sind die ersten Mieter schon zum Jahreswechsel eingezogen, das Pflegeheim folgt im Frühsommer. Die Umplanung des alten Maria Stadler Hauses nehmen wir in Angriff. Dabei ist es uns wichtig, das Haus als ein lebendiges Zentrum in der Ortsmitte zu erhalten: mit gemeinschaftlichem Wohnen für Senioren und für Bedienstete in Mangelberufen wie Kinderbetreuung und Pflege und auch als zentrale Anlaufstelle für unsere Rathausabteilungen. Für mich gehört es auch zum Bürgerservice, dass man nicht für jedes Anliegen zu einer anderen Stelle fahren muss, sondern alles kompakt und zentral erledigen kann.
Ebenso arbeiten wir an der Planung für die nächste KiTa und unsere Freiwillige Feuerwehr bekommt einen zweiten Stützpunkt in der Blumenstraße. An der Stelle möchte ich unseren Feuerwehrfrauen und –männern meinen - und sicher auch Ihren - herzlichsten Dank und Respekt für ihr zeitaufwändiges und verantwortungsbewusstes Ehrenamt aussprechen. Weil sie zu jeder Tages- und Nachtzeit ausrücken, wenn der Alarm losgeht, können wir uns in Haar sicherer fühlen. Und wenn ich am 5. Januar gesehen habe, wie sie bei Wind und Dauerschneefall fröhlich die abgeschmückten Christbäume entgegennahmen, dann sage ich nochmal Danke. Wir anderen haben alle geschaut, dass wir schnell wieder heim ins Trockene kommen.
Wir haben in Haar eine Fülle an ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern. Sie sind es, die mit Ihrem Einsatz Haar so lebenswert machen. Sie, die Sie morgens bei jedem Wetter am Schulweg stehen, jeden Tag ins Maria Stadler Haus gehen, junge Eltern, ältere Menschen und Kinder betreuen, sich für die Partner in Indien und in Tansania einsetzen, im Kindergarten vorlesen, die Fußballmannschaft trainieren, Grünflächen pflegen, Nistkästen für Vögel versorgen, Asylbewerber begleiten, am Haarer Tisch arbeiten, uns kulturell bereichern oder einen Maibaum aufstellen. Ans Herz legen möchte ich Ihnen heute schon das 100jährige Jubiläum und Festprogramm unserer D‘Ammertaler vom 28. Bis 30.6. und im Anschluss daran gleich unser SOMMA-Festival mit der Künstlermeile ausgeweitet auf eine Woche – es gab einfach zu viele gute Ideen für nur 4 Tage.
Unser soziales Klima in Haar ist sehr gut, das hat auch die Wunschbaum-Aktion zu Weihnachten gezeigt. 234 Kindern aus Familien, denen es finanziell nicht so gut geht, konnten wir einen kleineren Wunsch erfüllen und die Freude war groß.
Allen, die sich für unsere „Haarer Familie“ einsetzen, danke ich für seinen / ihren Beitrag.
Jetzt darf ich drei Persönlichkeiten ehren, die sich seit vielen Jahren in besonderem Maße um unser gemeinschaftliches Zusammenleben verdient machen. Unentgeltlich und unbezahlbar: Wir verleihen heute die Goldene Ehrennadel an:
Die Reden zu den Geehrten finden Sie hier.