Der Aufruhr ist gewaltig, als die Meldungen kamen, dass der Pferdefleischskandal nun auch in Deutschland seine Spuren zeigt. Haben wir uns wirklich darüber gewundert, dass auch in Deutschland Pferdefleisch illegal verwendet wurde? Es ist zu bequem, die Schuld für solche Skandale immer nur auf die Gewinnsucht einzelner zu schieben. Und es ist mir zu banal, als Konsequenz nur eine scheinbare Verschärfung der Kontrollen einzufordern und bestimmte EU-Länder an den Pranger zu stellen. Vielmehr muss doch auch die Frage erlaubt sein, wo wir eigentlich hingekommen sind mit unserer Lebensmittelindustrie. Was für Lebensmittel verkaufen wir eigentlich, wenn wir inzwischen gentechnische Untersuchungen anstrengen müssen, um ein Fleisch zweifelsfrei einer Tiergattung zuordnen zu können? Und wie weit dürfen Nahrungsmittel eigentlich verändert, umgestaltet und verfremdet werden, um dennoch in den Verbraucher abgegeben zu werden?
Darüber hinaus muss sich jeder Verbraucher auch selbst darüber im Klaren werden, nach welchen Gesichtspunkten er seinen Menüplan gestaltet. Ich will hier keinesfalls über diejenigen lästern, die auf Grund finanzieller Erwägungen genau kalkulieren müssen, aber generell muss Fleisch nicht zwangsläufig täglich den Weg auf unseren Teller finden und generell muss auch klar sein, dass Fertiggerichte immer teurer sind als frisch zubereitete Gerichte. Mir kann keiner erzählen, dass die Tiefkühlkost per se preiswerter ist: Neben den Lebensmitteln muss auch die Zubereitung, die Verpackung, die Aufbewahrung, der Transport und auch die Marge der diversen Zwischenschritte bezahlt werden. Folgerichtig sinkt der Anteil des Geldes, der alleine für die Lebensmittel aufgewendet werden kann und dies führt dazu, dass in der Qualität Abstriche akzeptiert werden müssen.
Wer als Verbraucher "billig" über "hochwertig" setzt, für wen die Menge wichtiger ist als die Qualität und wer sich alleine nach dem Preis orientiert, der muss sich nicht wundern. Glauben wir den wirklich, dass wir heute noch Fleisch mit gutem Gewissen einkaufen können, welches zu Preisen von vor über 20 Jahren in den Markt gedrückt wird? Hier ist der Verbraucher in der Haftung für sich und das, was er zu sich nehmen möchte. Wer diese wichtige Entscheidung alleine der Politik und dem Markt überlässt, der wird in Zukunft froh sein müssen, wenn er wenigstens noch illegal importiertes Pferdefleisch in seinem Fertiggericht bekommt.
Schärfere Kontrollen sind gut. Höhere Strafen sind besser: Ich möchte erleben, dass die Strafen für Lebensmittelvergehen zumindest den wirtschaftlichen Erfolg einer Firma nachhaltig gefährden und nicht aus der Portokasse bezahlt werden. Am allerbesten aber wäre eine Bewußsteinsänderung beim Verbraucher: Kümmert Euch endlich auch darum, was Ihr auf dem Teller haben wollt und stellt unbequeme Fragen!
Dr. Alexander Zill
Gemeinderat