Wir müssen sparen – aber nicht um jeden Preis! - Haushaltsrede 2022

30. November 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

als ersten möchten wir an dieser Stelle der Verwaltung, insbesondere Herrn Rudolf und seinen Kolleg:innen in der Kämmerei, danken. Der Haushalt war wieder gut vorbereitet und wir konnten ihn in der Vorbesprechung intensiv diskutieren. Dabei konnten auch die meisten Fragen direkt geklärt werden, die restlichen Antworten haben wir im Nachgang erhalten. Auch wenn ich als Betriebsrat und Gewerkschaftsmitglied natürlich eine Sitzung über 9,5 Stunden bis nach Mitternacht mit gemischten Gefühlen sehe. Die Kolleg:innen aus der Verwaltung mussten wohl das Arbeitszeitgesetz großzügig auslegen, um mit den Gemeinderäten alle offenen Punkte klären zu können.

Aber kommen wir nun zum Haushalt. Es ist der erste Haushalt in der nach-MSD-Zeit. Dass dieser Zeitpunkt kommen wird, war bereits seit mehreren Jahren bekannt und dürfte niemanden hier überrascht haben. Nicht umsonst haben alle Fraktionen bereits in den letzten Haushaltsreden immer wieder auf die Notwendigkeit des sparsamen Umgangs mit unseren finanziellen Mitteln hingewiesen. Dennoch waren wir natürlich sehr gespannt, wie konkret die Verwaltung – aber auch die anderen Fraktionen – mit der veränderten Situation umgehen werden.

  • Wird das Personal in der Verwaltung deutlich reduziert?
  • Werden die Parteien über die Notwendigkeit von Maßnahmen in einen Streit verfallen?
  • Werden die größeren Bauprojekte gestrichen?
  • Wird es zu großen Streichorgien im ökologischen oder sozialen Bereich kommen?

Kurz zusammengefasst können wir diese Fragen heute mit „Nein“ beantworten.

In der Verwaltung wurde kein Rotstift angesetzt, sondern es werden weiter Stellen aufgebaut. Auch wenn wir von der SPD nicht bei jeder neuen Stelle die Notwendigkeit erkennen können, so tragen wir dennoch den neuen Stellenplan mit. Die Aufgaben an die Verwaltung steigen weiterhin und es ist uns ein Anliegen, dass auch in Zukunft ein guter Bürgerservice – digital, aber insbesondere vor Ort - gewährleistet wird.

Auch zwischen den Parteien hier im Gremium kam es im Rahmen des Haushaltes nicht zum Streit. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch, wir haben intensiv und auch manchmal kontrovers diskutiert. Aber Jede:r hatte dabei immer die Gesamtsituation im Blick und hat daher keine Wolkenschlösser gebaut. Wir müssen aktuell manchmal kreativere Lösungen finden als dies früher der Fall war. Man sieht dies am Beispiel der Prüfung, ob Gemeindewohnungen durch das Kommunalunternehmen Wohnungsbau (KWH) saniert werden können. Ich finde aber, dass wir hier auf einem konstruktiven Weg sind.

Grundsätzlich ist anzumerken, dass eine Verschiebung von Projekten um 1 oder 2 Jahre nicht zielführend ist. Denn ein Ende der Preissteigerungen sind aktuell nicht in Sicht, so dass eine kurzfristige Verschiebung mehr Schaden als Nutzen bringt. Die für uns wichtigen Projekte sind alle für die nächsten Jahre geplant: Die Sanierung von Gasthof zur Post, die energetischen Sanierungen unserer Wohngebäude und vor allem der Neubau des DINO. Das Streichen dieses Punktes hat uns und auch die Jugendlichen letztes Jahr besonders geschmerzt und daher sind wir nun froh, dass eine Realisierung nun endlich möglich erscheint.

Wir haben den Vereinen dieses Jahr die Zuschüsse gekürzt. Wir gehen dieses Jahr den Schritt mit. Ich merke aber auch gleich an, dass wir keine weiteren pauschalen Kürzungen mittragen werden. Denn diese Kürzungen sind in Summe für den Gemeindehaushalt nicht mehr als ein symbolisches Zeichen, keine ernsthafte Entlastung. Diese Zeichen für die Aufsichtsbehörde haben wir nun gesetzt. Ich muss aber – wie letztes Jahr auch – anmerken, dass die Kommunikation zu den Vereinen weiterhin suboptimal ist. Es gab zwar ein Schreiben, in dem darum gebeten wurde den Zuschussantrag um 20% zu reduzieren, eine konkrete Ankündigung, dass dies auch umgesetzt wird, wenn es die Vereine im Antrag nicht berücksichtigen, gab es aber nicht.

Zur Gesamtsituation dieses Haushaltes lässt sich noch sagen, dass es durchaus noch „stille Reserven“ gibt. Die Einnahmen, wie beispielsweise die Gewerbesteuer, sind sehr konservativ geschätzt, die Ausgaben wie die Kreisumlage dafür etwas höher. Dazu kommt, dass davon auszugehen ist, dass leider nicht jede Stelle aufgrund des Fachkräftemangels besetzt werden kann. Wir werden wahrscheinlich auch nicht alle Projekte umsetzen können. Sei es auf Grund von fehlenden Kapazitäten in der Verwaltung, des Rohstoffmangels oder der Nichtverfügbarkeit von ausführenden Firmen.
Vor diesem Hintergrund werden wir auch 2022 wieder mit einem Nachtragshaushalt arbeiten und wir sind sehr optimistisch, dass die Finanzlage sich positiv für die Gemeinde entwickeln wird.
Das ist grundsätzlich auch der richtige Weg. Eine zu optimistische Planung führt zu späteren Zeitpunkten nur zu größeren Problemen. Eine konservative Planung darf aber die Gestaltung nicht zu sehr beschneiden.

Wir sind auch sehr gespannt, wie es mit der Arbeitsgruppe „Haushalt“ weitergeht. Wir haben uns bislang nur mit dem Themenkomplex der Zuschüsse an die Vereine befasst. Es herrschte aber über alle Fraktionen hinweg Einigkeit, dass hier auch noch weitere Aspekte diskutiert werden müssen.

Zusammengefasst kann ich daher sagen, dass die Umsetzung von 2 Punkte für uns entscheidend ist, dem Haushalt heute zustimmen zu können:

  • Die energetischen Sanierungen unserer Wohngebäude
    Sowohl als Vermieter, aber auch in unserer Vorbildfunktion für andere Eigentümer ist es unerlässlich dieses Thema zeitnah anzugehen. Die beste Lösung wäre eine Umsetzung durch die Gemeinde direkt. Dies ist auf Grund der Haushaltslage als schwierig anzusehen. Daher ist für uns der zweitbeste Weg über das KWH auch gut vorstellbar. Wir sind hier sehr optimistisch, dass die Prüfung positiv beschieden wird.

  • Der Neubau unseres Jugendzentrums DINO
    Der Zustand des DINO ist schon lange bekannt und wird auch nicht besser. Die letzten Jahre musste das Projekt auf Grund der Kapazitäten in der Bauverwaltung leider immer geschoben werden. Da nun aber einige Großprojekte wie beispielsweise die Grundschule am Jagdfeld abgeschlossen sind, gehen wir davon aus, dass eine Umsetzung nun zeitnah möglich ist – ohne die Verwaltung zu überlasten.

Grundsätzlich wird die SPD auch in Zukunft genau darauf achten, dass mögliche Sparmaßnahmen nicht zu einer Verschlechterung des Haarer Umfeldes führen. Und mit „Umfeld“ sind hier nicht Straßen oder ähnliches gemeint, sondern die soziale Infrastruktur unserer Gemeinde. Hierzu gehören die Vereine und Institutionen, aber auch die Kindertagesstätten und Schulen. Nach unserem Eindruck hat dieser Bereich beim Bürgermeister keine Priorität. Die SPD wird daher gerade hierauf ein besonderes Augenmerk legen.
Einige Zuschüsse, die als „freiwillige Leistungen“ gekennzeichnet angegeben wurden, sind nach unserer Auffassung nicht zu streichen. Unsere Vereine und Institutionen sind das Rückgrat des Gemeindelebens.

Besonders hier – aber auch an anderen Stellen - kann uns ein unbedachtes Sparen in Zukunft sehr teuer zu stehen kommen.

Daher gilt für uns mit Blick auf die Zukunft das Motto: Wir müssen sparen – aber nicht um jeden Preis!

Für die Fraktion der SPD

Thomas Fäth
Fraktionssprecher

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