Auf dem Fußgänger- und Radweg zwischen Gronsdorfer Straße und S-Bahnhof steht an einer Weggabelung auf einem kleinen, mit Schotter bedeckten Platz, die Steinskulptur „Srebrenica“ des Münchner Bildhauers Wolfgang Sandt. Die aus einem Block Norit herausgearbeitete Skulptur erinnert an eine der schlimmsten Gräueltaten im Bosnienkrieg.
Im Juli 1995 ermordeten in Srebrenica ultranationalistische serbische Milizen über 8000 − meist muslimische − bosnische Männer und Jungen. Es war das schlimmste Massaker in den Balkankriegen, die über 200.000 Menschen das Leben kosteten und von Massenvertreibungen und systematischen Vergewaltigungen geprägt waren. Alle Völker hatten ihre Opfer zu beklagen und bis heute versuchen nationalistische Kräfte, die Gräueltaten für ihre Ideologien zur instrumentalisieren.
Der Genozid vor 30 Jahren ist ein Lehrstück für ein friedliches und demokratisches Europa der Zukunft. Es gilt, die Ursachen und Folgen dieser Verbrechen kritisch zu reflektieren, um rechtzeitig zu erkennen, wann die moralischen Werte einer modernen und demokratischen Gesellschaft in Gefahr geraten, wohin übertriebene Nationalismus und Hass führen können. Srebrenica ist heute so aktuell wie vor 30 Jahren, eine Mahnung an uns alle.
Ausdruck des Leids der Bevölkerung
„Die Belagerung von Sarajevo, Srebrenica und anderen bosnischen Städten“, so der Bildhauer, „hatte mich sehr aufgewühlt. Ich konnte, wie viele andere Menschen nur hilflos und zornig zuschauen und wollte versuchen, auf diese Situation eine künstlerische Antwort zu finden.“
Sandt schuf zunächst eine Skulptur aus Kalkstein, „schön, weich und gut zu bearbeiten“. Das schien dem Künstler aber angesichts des Leids der Bevölkerung nicht angemessen und so gestaltete er eine zweite Version aus hartem Norit, die ihn und seine Werkzeuge bei der Bearbeitung an die Grenzen der Belastbarkeit brachte. Entstanden ist ein „Steinquader, optisch aufgeteilt in zwei Teile, einen großen oberen Teil, der wie ein Gewicht auf den unteren drückt, und einen unteren Teil, bestehend aus rechteckig, säulenartig nebeneinander stehenden Strukturen, die diesem Druck standhalten müssen. Diese Strukturen kann man als Häuser interpretieren, die von Zerstörung bedroht sind, aber auch als menschliche Wesen, die sich gegen eine übergroße Last stemmen.“ So beschreibt es Wolfgang Sandt im mittlerweile vergriffenen Kunstbuch „Einblicke“ der Stadt Haar.
Helmut Dworzak