In der Sitzung des Bauausschusses am 5. April wurde zum ersten Mal über die Idee eines Stelzen-Radwegs auf der B304 diskutiert.
Wirklich neu ist diese Idee nicht, so hatten Bürgermeister Bukowski und 2 Parteifreunde aus Vaterstetten und Trudering diesen Weg schon vor ungefähr einem Jahr in der Presse vorgestellt. In Haar kam es aber nun erstmals zu einer demokratischen Diskussion dazu. Dabei zeigte sich, dass SPD, Grüne und FDP sich im vergangen Jahr Gedanken zu diesem Projekt gemacht haben. Die CSU-Fraktion wirkte nicht vorbereitet.
Passend hierzu auch der Kommentar von Bernhard Lohr von der Süddeutschen Zeitung: Luftikus Bukowski
Die Stelzenkonstruktion hat einige gute Ansätze und kann punktuell zur Überwindung von geografischen Barrieren sinnvoll eingesetzt werden.
Aus unserer Sicht ist aber ein Stelzen-Radweg über diese Länge und an dieser Stelle nicht sinnvoll. Die Gemeinde Haar ist aktuell schon in Planung und teilweise Umsetzung einer schnellen Radwegverbindung entlang der Bahnstrecke, die unsere Gemeinde nicht noch weiter entlang der B304 teilt.
Die ausführliche Begründung für unsere Position von unsere 3. Bürgermeisterin Katharina Dworzak:
Die Mobilitätswende ist ein sehr großes und wichtiges Projekt unserer Zeit. Die Straßen sind leider trotz hoher Benzinpreise voll und nicht umsonst wird das Auto oft als der Deutschen liebstes Kind bezeichnet. Umso wichtiger ist und wird es werden, attraktive Alternativen anzubieten um Menschen dazu zu bewegen, das Auto stehen zu lassen und auf die Alternativen der Umweltverbundes umzusteigen.
Das Fahrrad gewinnt zunehmend an Stellenwert, wie unter anderem die Radentscheide in der Stadt München zeigen, und attraktive Strecken werden auch gerne genutzt. Allerdings gibt es eine Reichweitengrenze für das Fahrrad. Gerade auf dem täglichen Weg zur Arbeit, der einen großen Teil der Mobilität ausmacht, sind nur wenige bereit, weite Strecken mit langer Dauer auf sich zu nehmen.
Wesentlich effektivere Fortbewegungsmittel mit viel höherer Reichweite bietet hier das ÖPNV-System: Keine anderen Verkehrsmittel transportieren bei so geringem Flächenverbrauch wetterunabhängig so viele Menschen.
Nun diskutieren wir genau auf dem vorgeschlagenen Verlauf gerade den Bau einer Tramstrecke. Diese ist aus unserer Sicht dem vorgeschlagenen Projekt eindeutig vorzuziehen. Bei der Bewertung, ob ein Radstelzenweg über einer Tramstrecke möglich ist, vertraue ich mit Verlaub meinen Kollegen bei der MVG, die dies verneinen, mehr als einer Schweizer Firma, die ihr Produkt verkaufen will.
Ich selbst bin die Strecke bis zur Bajuwarenstraße jahrelang mit dem Rad in die Arbeit gefahren. Sicher gibt es schönere Strecken in München, die man schneller bewältigen kann, allerdings kann man sich an der Umgebung gut über den eigenen Fortschritt auf dem Weg orientieren, was nicht zu verachten ist. Auf dem Stelzenweg mit seitlichen Wänden ist dies schlecht möglich. Hier sind ja die PV Module untergebracht, mit deren Strom der Weg beheizt werden soll, damit er im Winter eisfrei bleibt. Regen und Schnee sowie kalte Temperaturen bleiben aber, da es keine komplette Einhausung oder eine Überdachung gibt. Dies sind für viele Menschen wiederum aber Gründe, das Rad stehen zu lassen.
Zudem die thermischen Bedingungen auf dem Stelzenweg auch durch die sich bildende Windschneise herausfordernd werden dürften. Man muss sich nur an einem halbwegs windigen Tag vor das Haarer Hochhaus stellen um einen Eindruck davon zu bekommen. An Radfahren denkt hier wohl kaum jemand.
Selbst wenn der Wind nicht weht: Wir befinden uns überhalb der meist befahrenen Straße Haars! Es gibt sicher bessere Ort um sich körperlich betätigen als in den aufsteigenden Abgasen.
Viele dieser Punkte kann man hinterfragen und genauer untersuchen, wie die Grünen in ihrem Fragenkatalog fordern. Für uns sind die Antworten vorhersehbar.
Ein Punkt wird leider vom Rest des Gremiums wieder mal außer Acht gelassen, obwohl Haar in der Vergangenheit in Planerkreisen dafür bekannt war, diesen Ruf aber langsam verliert: der Städtebau. Viele Haarer*innen empfinden die B304 schon jetzt als eine Schneise, die Haar trennt. Dieses Empfinden würde mit einem Projekt dieser Art manifestiert werden! Man hätte eine optische Barriere durch die Gemeinde! Zudem auch die nicht sonderlich attraktiven Rampenwerke entscheidend in das Erscheinungsbildes unseres Ortes eingreifen würden! Diese könnten übrigens aus Platzgründen nur an bestimmten Stellen installiert werden, was dazu führt, dass der Radfahrer wieder dazu gezwungen ist, Stecke ebenerdig an der B304 zurückzulegen.
Bei allen Fördergeldern der Welt können wir das Projekt daher nicht gutheißen. Zudem ja auch Fördergelder Steuermittel sind, die es verantwortungsbewusst einzusetzen gilt.
Wie uns von verschiedenen Planer*innen und Expert*innen der Stadt München, mit denen wir gesprochen haben, gesagt wurde: Aufgeständerte Fahrradwege sind dazu da, physische Hindernisse zu überwinden, nicht weite Strecken. Hier gibt es in Haar eine gute Alternative für einen Radschnellweg, der genau dieses Problem hat: Der entlang der Bahn, den die Gemeinde Haar schon seit vielen Jahren verfolgt. Hier wäre eine Prüfung der beschriebenen Technologie sinnvoll um zum Beispiel die Bahnunterführungen überwinden zu können.
Sowohl die Verwaltung als auch wir Gemeinderäte haben nur noch geringe Kapazitäten für weitere Projekte und Arbeitskreise über. Wir sollten sie auf die wirklich sinnvollen wie den Radweg entlang der Bahn konzentrieren.
Und wenn es wirklich eine Vision braucht, die wir in Haar verfolgen wollen, sollten wir die aufgreifen, die schon lange in unserer Gemeinde kursiert, aber vermutlich leider ähnlich unrealistisch ist wie der Stelzenweg: Eine Untertunnelung der B304. Wenn der Autoverkehr in den Untergrund wandert, hätte Haar eine innerörtliche, verbindende Parkanlage, die viel Platz für Fußgänger und Radfahrer bietet.