Haar steht besser da, als wir tun - Haushaltsrede der Haarer SPD

26. November 2025

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

zunächst und wohlverdient geht unser Dank an die Verwaltung für die Arbeit, die in diesem Haushalt steckt. Ganz besonders danken wir der Kämmerei und Frau Nöthel, die trotz krankheitsbedingter Engpässe diesen Haushalt 2026 frühzeitig zusammengestellt und Nachfragen zeitnah und kompetent beantwortet haben.

Was steckt nun in diesem Entwurf fürs neue Jahr? Sind wir dem Untergang noch ein Stück näher gerückt – wie Teile des Stadtrats es gern mal darstellen – oder behalten wir das Heft des Handelns in der Hand?

Die gute Nachricht zuerst: Haar bleibt handlungsfähig. Wir entnehmen zwar aus den Rücklagen, investieren dieses Geld aber in wichtige Zukunftsprojekte.
Trotzdem fügen wir jedoch ein großes ABER hinzu.
Wir verschenken Chancen, die vor uns liegen.

Nehmen wir die beiden geplanten Großprojekte: Leibstraße und den Neubau des DINO. Beides geht die Mehrheit dieses Gremiums isoliert an – ohne Umsicht auf gesamtörtliche Auswirkungen – sei es das Thema Verkehrsverlagerung bei der Leibstraße – oder beim Neubau DINO - ohne Weitblick für künftige Generationen, denn es wurde der Wegfall eines großen Teils einer öffentlichen Grün- und Freizeitfläche im dicht besiedelten Jagdfeld beschlossen, und ohne Gesamtplanung mit dem direkt angrenzenden Neubau der ebenerdigen Kita am Wieselweg.

Begründet werden die kurzsichtigen Lösungen gerne mit den Kosten und mit der problemlosen Rückbaubarkeit: Schnellschüsse und Provisorien, die „schnell wieder wegkönnen“? Im Ernst? Ein Provisorium für 6 Millionen?

Unsere letzte große Gewerbefläche – die Finckwiese – sei hier mit Nachdruck erwähnt. Auch hier keine Gesamtplanung, kein transparentes Miteinander mit dem Stadtrat und den Bürgern.

Statt über Umnutzung von Gewerbegebäuden, direkt an der S-Bahn gelegen, nachzudenken, sollte man sich um die Leerstände kümmern. (100.000 Euro tauchen dafür erstmals für im Haushalt auf, aber ohne nähere Qualifizierung…).
Stattdessen forciert man eine Gewerbebebauung am Stadtrand, die mit dem ÖPNV schwer erreichbar ist. Unsere städtebaulichen Leitlinien werden ignoriert. Und warum?

Man macht uns alle glauben, dass Produktionshallen unsere Stadtkasse sanieren. Auch hier ein ABER: Ist unsere Lage wirklich so prekär, dass alles so schnell gehen muss?

Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung unserer Rücklagen:

  • Vor 2 Jahren schätzte man für 2027 unsere Rücklagen auf 4,9 Millionen Euro
  • Ende 2024 korrigierten wir auf 12.6 Millionen

-> Im aktuellen Haushalt sind 21,6 Millionen
-> Wir haben also 16,7 Millionen mehr Rücklagen als vor 2 Jahren geplant

Wie kommt das? Wir planen weiterhin – und auch richtigerweise – sehr vorsichtig was Ein- und Ausgaben angeht. Die Einnahmen werden im unteren Bereich geschätzt, die Ausgaben im oberen Bereich. Dies hat uns auch der Sachverständige im Rechnungsprüfungsausschuss bestätigt.

Die Planung für 2026 basiert natürlich auf den Planzahlen für 2025 und nicht dem aktuellen, tatsächlichen Stand.

So wissen wir bereits, dass die Einnahmen um ca. 3,4 Millionen Euro höher ausfallen werden und die Personalkosten fast 2 Millionen unter der Planung liegen. Dazu kommen noch einige Haushaltsreste, die aufgelöst werden. Alles stille Reserven, die in die Rücklagen wandern.

Damit nicht genug: Auch im Haushalt 2026 stecken „stille Reserven“: So sind zahlreiche Förderbeiträge nicht als Einnahmen im Haushalt verbucht, obwohl sie die Grundlage für die Projekte sind. Weil der Förderbescheid noch nicht erteilt wurde, sind sie im Haushalt noch nicht darstellbar.

Warum ich das so ausführlich darstelle? Weil das ein wesentlicher Grund ist, für die Schieflage, die wir in der aktuellen Diskussion haben.

So haben wir fast länger über die 1.000 Euro Zuschuss für den Landesbund für Vogel- und Naturschutz diskutiert, als über die vom Bürgermeister gewünschten 220.000 Euro für die hochwertigsten Sicherungsmaßnamen bei öffentlichen Veranstaltungen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Auch wir feiern gerne und selbstverständlich müssen auch wir in Haar für Sicherheit auf unseren Festen sorgen. Aber geht das nicht auch günstiger und dennoch sicher?

Positiv hervorheben möchte ich, dass unsere Vereine die Zuwendung erhalten, die sie brauchen. Sie bringen die Menschen zusammen, schaffen Verbundenheit und Zusammenhalt. Ihr Engagement, ihre Zeit, die sie für die Gemeinschaft einsetzen, sichert die Vielfalt der Betätigungsfelder und damit unsere Lebensqualität in Haar – vom Sport über Kultur, vom Haarer Tisch bis zu Hilfen für Familien und die ältere Generation, von der Bildung Erwachsener bis zur Betreuung unserer Kinder. Wertschätzung drückt sich durch die Unterstützung aus, die fürs Ehrenamt nötig ist, und die Zuschüsse für die Vereine sollten nicht bei jeder Haushaltsvorlage neu zur Disposition stehen.

Schade nur, dass 40.000 Euro Weihnachtsbeihilfe für unsere Ärmsten in Haar leider wieder nicht drin sind – und das bei einem Gesamtvolumen von 114 Mio. Euro. Soziale Themen haben in Haar keine Priorität mehr. Das zeigt sich auch in der Tatsache, dass unser Sozialamt ausgedünnt wurde und wir mit dem kommunalen Wohnungsbau in den letzten Jahren keinen Quadratmeter weitergekommen sind.

Mein und unser Fazit: Haar hat Besseres verdient. Mehr Überzeugung – weniger Marketing. Statt ein Projekt nach dem anderen ohne Priorisierung anzugehen, „weil sie unbedingt erledigt werden müssen“ - O-Ton unser Bürgermeister - , sollten wir zurückkehren zu sorgsamer Planung sowohl städtebaulich wie finanziell – und dabei alle Menschen im Blick behalten, die hier wohnen. Denn die finanziellen Mittel, um Haar zukunftsfähig zu gestalten, haben wir.

Vielen Dank

Peter Schießl
Stellvertretender Fraktionssprecher

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