Haushaltsrede der Haarer SPD zum Haushalt 2021

25. November 2020

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Der neue Haushalt für die Gemeinde Haar liegt uns vor. Er wurde intensiv besprochen. Ich bedanke mich an der Stelle bei allen für die konstruktive Zusammenarbeit.
Schön, dass der Wahlkampf hier kein Thema mehr war und wir so manche Forderungen hinter uns gelassen haben.
Es ist gut, dass es auch weiterhin das Rathaus Blatt gibt. Und besonders der Haarer Fahrdienst, als wichtiger Service vor allem für die Senioren, stand nicht zur Diskussion.

Durch die neuen Erkenntnisse von Montagabend bezüglich der Umsatz- und Einkommenssteuer ist mir für den Haushalt spontan ein alter Filmtitel eingefallen: Die Lage ist hoffnungslos – aber nicht ernst

Dieser Haushalt hat 2 Ebenen: Die erste Ebene sind die Punkte, die im Haushalt stehen: Darunter sind auch wieder große Investitionen:

  • Der barrierefreie Ausbau der Bushaltestellen
  • Der Umbau der Kreuzung B304 / B471
  • Der Kauf eines Neubaus in der Leibstraße
  • Die Umgestaltung des Übergangs am Bahnhof mit Expressbuslinien

Dazu schließen wir auch große Projekte, wie die neue Grundschule, im nächsten Jahr ab oder führen sie fort wie bei der Kita im Jugendstilpark.

Obwohl geplant, mussten kurzfristig 3 große Projekte gestrichen werden:

  • Die energetische Sanierung und Aufstockung eines Gebäudes an der Freibadstraße
  • Der Neubau an der Bahnhofstraße (ehemaliges Postgebäude)
  • Der Neubau für das Jugendzentrum DINO

Viele dieser angedachten Investitionen sind gesetzlich vorgeschrieben oder praktisch nicht zu verschieben. Andere hingegen schaffen „paradiesische Leuchttürme“ - um die Sprache unseres Bürgermeisters aufzugreifen - jedoch nur für einige wenige Gewerbetreibende. Nach dem Motto „Nichts ist besser als gar nichts“ hoffen wir, dass wir in dem neu erworbenen Gebäude in der Leibstraße, dessen Erwerb in der finanziellen Lage von der SPD kritisch gesehen wird und wurde, zumindest einen neuen Buchladen unterbringen können. So könnte zumindest ein fehlendes, wichtiges Puzzlestück zurück in die Leibstraße kommen.

Bislang war es die Strategie unserer Gemeinde, Rücklagen zu bilden, um größere Projekte dann finanzieren zu können. So musste der Poststadel über 10 Jahre auf seine Verwirklichung warten. Dies scheint sich aktuell zu ändern. Wir nehmen auch für einzelne, kleinere Häuser Kredite auf. So erkaufen wir uns zwar praktische erscheinende Gebäude, die Kredite werden den Haushalt aber noch Jahrzehnte stark belasten. In begrenztem Umfang sind Kredite sicherlich sinnvoll und es ist notwendig, dass Kommunen in Krisenzeiten investieren, aber der Gesamthaushalt muss stimmen.
Der Bürgermeister wollte hier aber sehr ins Risiko gehen. Das ist ein Paradigmenwechsel für unsere Gemeinde, den wir sehr kritisch sehen. Auch wenn es seltsam klingt: Nur die geringeren Einnahmen verhindern heute eine höhere Verschuldung, da wir die Bahnhofstraße erst einmal verschoben haben.

Die zweite Ebene sind die Projekte, die nie für diesen Haushalt geplant waren:

  • Der konkrete Umbau der Leibstraße über die Planungen hinaus
  • Die Finanzierung der Maßnahmen aus ISEK
  • Die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept (auch hier sind lediglich Planungskosten eingestellt)
  • Der Wohnungsbau zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum
  • Die Erweiterung des Ernst-Mach-Gymnasiums
  • Die notwendigen Umbaumaßnahen der bestehenden Jagdfeld-Grundschule, die sich aus dem Neubau ergeben
  • Der Grünzug Eglfing - Riem

Das sind alles Punkte, die einer breiten Öffentlichkeit zu Gute kommen würden. Allerdings sind diese Maßnahmen ohne direkten finanziellen Rückfluss. Es zeigt sich hier leider eine Tendenz, die wir bereits vor der Wahl befürchtet hatten: Der neuen Bürgermeister betrachtet vorrangig die monetäre Wirtschaftlichkeit von Projekten. Der soziale Nutzen wird dem leider untergeordnet.

Durch die Situation mit den verringerten Steuereinnahmen durch Corona und dem Wegzug von MSD haben wir zwei notwendige Handlungsfelder. Das Eine ist die Verbesserung der Einnahmen. Wir haben keinen Einfluss auf die Einkommenssteuer. Die Grund- oder Grunderwerbsteuer sind nur nachrangig zu betrachten. Daher bleibt uns primär die Gewerbesteuer. Hierfür ist es im ersten Schritt notwendig, eine gemeinsame Zielrichtung zu definieren. Ich hoffe, der Bürgermeister kommt dazu - wie versprochen - bald auf den Gemeinderat zu. Erst danach wissen wir, was für Strategien wir fahren und welches Personal wir brauchen, um dieses Ziel zu erreichen. Wir dürfen hier nicht den zweiten Schritt vor dem Ersten gehen.

Das zweite Handlungsfeld ist es, die Ausgaben zu senken. Hier hat Bürgermeister Andreas Bukowski im Hauptausschuss zurecht angemerkt, dass es dafür notwendig ist, Zeichen zu setzen. Welche Zeichen wurden durch den Haushaltsvorschlag aus dem Rathaus gesetzt?

  • Lieber einen überdachten Weg zwischen den Rathäusern, als bei dem bereits langen zugesagten Neubau des Dinos überhaupt in die Planung zu gehen
  • Lieber Tablets für Gemeinderäte als, die beantragten Zuschüsse für unsere ehrenamtlichen Vereine in der bisherigen Höhe beizubehalten

Aus unserer Sicht wird hier ein völlig falsches Zeichen gesetzt. Und zwar aus zwei Gründen:
Zum einen ist es zuerst notwendig, das eigene Handeln zu überprüfen und nicht bei anderen zu sparen. Es wäre besser gewesen, intern zu kürzen anstatt pauschal bei den Vereinen. Die Vereine sind durch Corona ebenfalls in einer Ausnahmesituation. Nur mit hohem ehrenamtlichem Engagement sorgen die Aktiven dafür, dass sie gut durch Corona kommen. Sie sind aktuell für das gesellschaftliche Miteinander wichtiger denn je!
Der zweite große Fehler ist die mangelnde Kommunikation mit den Betroffenen. Gerade wenn es schlechte Nachrichten gibt, ist es elementar wichtig, dass die Maßnahmen gut begründet werden. Ich bin mir sicher, dass es in Zusammenarbeit mit den Vereinen gelingt, einen nennenswerten Betrag einzusparen. Aber es darf nicht passieren, dass diese bei der Gemeinde zu Bittstellern werden, wenn der einseitig pauschal gekürzte Zuschuss nicht ausreicht.

Trotz allem sollten wir die Zukunft aber auch nicht schwärzer malen, als sie ist. Haar bleibt ein attraktiver Ort – zum Wohnen, aber auch für Gewerbetreibende. Daher gilt es konzentriert und konsequent den Weg der vergangenen Jahrzehnte weiterzuverfolgen und auch weiterzuentwickeln. Trotz der schwierigen Situation ist Optimismus nicht nur erlaubt, sondern in meinen Augen auch notwendig. Helmut Dworzak und Gabriele Müller haben die Gemeinde gut aufgestellt und ein gutes Verwaltungsteam zusammengestellt, das unseren Bürgermeister dabei unterstützen kann, damit sich Haar weiterhin positiv entwickelt. Und auch hier im Gemeinderat gibt es viel Erfahrung und Engagement. Andreas Bukowski muss nur bereit sein, guten Rat aller Fraktionen auch anzunehmen, aktiv und vor allem ergebnisoffen auf den Gemeinderat zuzugehen. Bislang vermissen wir dies noch, sind aber für diese Art der Zusammenarbeit jederzeit bereit. Denn hier geht es um das Wohl unserer Gemeinde, nicht um Profilierung.

Trotz der genannten Kritikpunkte werden wir dem Haushalt natürlich zustimmen. Denn bei längerem überlegen ist mir aufgefallen, dass der Filmtitel nur fast zu unserer Situation passt. Denn unsere Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Ganz sicher nicht. Es gilt nun in verantwortungsvoller und offener Zusammenarbeit diese schwierige Situation gemeinsam zu meistern. Dann werden wir es auch schaffen, bald auf die Projekte zurückzukommen, die wir jetzt leider zurückstellen mussten.

Für die Fraktion der SPD
Thomas Fäth

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