Haushaltsrede von Dr. Alexander Zill

26. November 2014

Sehr geehrte Frau Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

das vergangene Wochenende kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass im November üblicherweise der Gemeindehaushalt des Folgejahrs die Spannung in den politischen Lagern hoch hält. Hoffen wir, dass wir mit dem Gemeindehaushalt fraktionsübergreifend zu einem Konsens finden – unsere Gemeinde hat es verdient.

Haar kann stolz auf die vergangenen Monate zurückblicken: Der Poststadel wurde eingeweiht und seinen Nutzern übergeben. Endlich kommt Bewegung in die Planungen zur Umgestaltung des Bahnhofs. Kindergärten, Krippen und Schulen bieten ein reiches Angebot und erstmals können nicht alle Kapazitäten genutzt werden, weil wir schlichtweg schwerer Personal finden. Es bleibt immer noch genügend Luft für die lange Liste an freiwilligen Leistungen, denen sich die Gemeinde verpflichtet fühlt. Wer von außen auf unsere Gemeinde blickt, reibt sich verwundert die Augen: Ein Spardiktat sieht sicher anders aus.
Möglich ist dies vor allem durch Disziplin. Ein besonderer Dank geht an die Kämmerei und die Verwaltung. Augenmaß und Vorsicht sowie umsichtige Finanzwirtschaft schaffen auch während knapper Kassen Freiräume, die die Gemeinde nicht nur für soziale Zwecke nutzen kann.

Dank gebührt auch allen Institutionen, Vereinen und Verbänden. Alle freiwilligen Leistungen wurden nicht nur auf unserer Seite auf den Prüfstand gestellt. Viele Vereine und Verbände waren schon bei den Anträgen sehr vorsichtig und zurückhaltend. Und ich bin mir ganz sicher, dass ohne diese Zurückhaltung eine disziplinierte Haushaltsführung auf Gemeindeseite erheblich erschwert worden wäre.
Der Rückblick zeigt auch, dass die Zusammenarbeit im Gemeinderat mit allen Fraktionen, die gemeinsame Suche nach Problemlösungen und die allseits vorhandene Bereitschaft, aufeinander zu zu gehen, gerade in Krisensituationen förderlich ist. Lange Jahre sind wir um diesen Konsens beneidet worden und die SPD setzt darauf, diesen Weg weiter zu gehen.

Ein wichtiger Punkt ist die weitblickende und umsichtige Planung in die Zukunft. Wir haben Luft für Sanierungsarbeiten in den Wohnvierteln. Die Vollendung des Poststadels in schwierigen Zeiten war auch möglich, weil rechtzeitig Gelder in den Haushalt eingestellt wurden, Planungen in der Schublade auf Umsetzung warteten und Rücklagen in finanziell guten Zeiten aufgebaut wurden. Ähnlich ist die Situation beim Bahnhof: Die im Jahr 2015 anstehenden Maßnahmen sind bereits vor Jahren berücksichtigt worden und in eigenen Haushaltsstellen angesammelt worden. Die vielgescholtenen Haushaltsreste sind auch ein Mittel, notwendige Ausgaben auf mehrere Jahre zu verteilen und Gelder in den Folgehaushalt zu übernehmen, falls Maßnahmen nicht abgeschlossen sind.

Dennoch: Es bleibt genug zu tun. Ein isolierter Blick auf die Ausgabenseite ist zu wenig.
Nach wie vor steht die SPD zur umstrittenen kommunalen Verkehrsüberwachung. Drei Schulen und zahlreiche Kindertagesstätten mahnen zur Vorsicht. Auch wenn der tragische Verkehrsunfall nicht auf mangelnde Rücksicht zurückzuführen ist: Tempo 30 in den Wohngebieten wird noch zu wenig beachtet. Und Kontrolle ist unbestritten wichtig. Es ist schade, dass der Gemeinde bei wichtigen Straßen die Hände gebunden bleiben, dennoch gilt: Die Kommunale Verkehrsüberwachung ist kein Renditeobjekt, sondern Dienst am Bürger. Die SPD ist auch bereit, ein höheres Defizit zu tragen, wenn dies nicht für gestiegene Kosten steht, sondern für die wachsende Einsicht aller Verkehrsteilnehmer.
Die Notwendigkeit, vorsichtig mit Geld umzugehen bedeutet nicht, dass die Gemeinde sich nicht den Herausforderungen stellt, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden. Die Stadt München hat vollendete Tatsachen geschaffen und bietet übertarifliche Vergütungen für Erzieher und Pfleger an. Es ist in der SPD unbestritten, dass Personal in unseren Tagesstätten gebraucht und in Deutschland Dienstleistung – vor allem für unsere Zukunft – zu schlecht bezahlt wird. Die bayerische Staatsregierung hat sich mit dem BayKiBiK aus der Verantwortung gestohlen. Letztendlich bleiben die Mehrbelastungen bei den Eltern, dem Träger und der Kommune. Wenn die neuen Kollegen im GR im Haarer Echo vollmundig betonen, Ihnen läge etwas an parteiunabhängiger Zusammenarbeit, dann ist dies ein erstes Feld, um Flagge zu zeigen. Moderat höhere Elternbeiträge für Kindergartenplätze dürfen angesichts der Unterdeckung von über 4 Mio Euro nicht tabuisiert werden. Ein überparteilicher Konsens ist der SPD weitaus wichtiger als populistisches Gefeilsche um jeden Cent.
Angesichts der Defizite für die Bäder, den Sport- und Freizeitpark, das Bürgerhaus, aber auch die Musikschule, die VHS und die Nachbarschaftshilfe darf auch darüber diskutiert werden, ob derjenige, der die Angebote nutzt, diese nicht auch in einem stärkeren Maße als bisher bezahlt. Wir haben bisher auch immer Möglichkeiten gehabt, die finanziell schwachen stärker zu unterstützen. Das ist unbestritten gut. Aber dennoch darf dies nicht dazu führen, eine Mehrbelastung generell auszuschließen. Auch hier ist fraktionsübergreifend jeder gefordert.

Nach wie vor ist der Großraum München das Zuzugsgebiet in Deutschland und eines der großen Wachstumsgebiete in Europa. Es ist billig, von der Politik günstige Wohnungen zu fordern. Dies gelingt nur, wenn bei Zeiten Vorsorge getroffen wird. Wir unterstützen daher den Weg, Reserven für den Kauf von Grund und Boden in den Haushalt einzustellen. In Zeiten niedriger Zinsen kann es darüber hinaus nicht falsch sein, Wohnraum auch auf Kredit zu schaffen. Die SPD wird sich dafür einsetzen, gemeindeeigene Grundstücke mit Wohnraum zu bebauen. Im Jahr 2015 soll mit dem Bestand ein Überschuss von etwa 100.000 € erwirtschaftet werden, obwohl wir unter den ortsüblichen Mietpreisen anbieten. Es ist unser politischer Wille, die Rendite zu Gunsten der Mietpreise kürzer zu halten, ohne rote Zahlen zu schreiben. Darüber hinaus unterstützen wir die Bestrebungen, auch im Jugendstilpark tätig zu werden. Letztendlich ist dabei ganz gleich, wie die Gemeinde ihr Belegungsrecht erreicht und ich hoffe, dass hier eine interfraktionelle Zusammenarbeit nicht nur mit den Grünen und den Freien Wählern möglich wird.
Rendite erwirtschaften auch die Gemeindewerke. Der kluge Schachzug, Gemeindewerke zu gründen und damit die Grundbedürfnisse der Versorgung in die Hände der Kommune zu legen, bringt jährlich gutes Geld in den Haushalt ein. Dazu stehen wir: Wer mehr verbraucht, bezahlt auch mehr. Gleichzeitig kann mit höheren Preisen auch die Erwirtschaftung regenerativer Energien gefördert werden. Auch Wasser ist ein kostbarer Rohstoff, der einmal verschmutzt nur mit hohem Aufwand wieder gereinigt werden kann. Die SPD wird auch weiter ihr Augenmerk darauf legen, ökologisch zu denken, auch wenn dies nicht immer der wirtschaftlichste Weg ist: Die Photovoltaikanlage auf dem Poststadel ist dafür das bisher letzte Beispiel. Shareholder Value muss hinter dem politischen Willen zurücktreten, wenn die Nachhaltigkeit einen anderen Weg vorschreibt.
Natürlich darf bei der Bewertung unserer Einnahmemöglichkeiten auch die Gewerbesteuer nicht fehlen. Man darf aber deren Potential nicht zu sehr bewerten: Derzeit beträgt der Anteil der Gewerbesteuer an den Gesamteinnahmen nur unter 20%. Auch in guten Jahren war der Anteil schwerlich bei über 35%. Es hilft also nicht, ziellos zu versuchen, Gewerbe anzusiedeln. Der Weg der Gemeinde, nicht alle möglichen Flächen als Gewerbe auszuweisen und Richtlinien zu haben, welches Gewerbe an welchem Ort denkbar wäre und mit Geduld darauf zu warten, bis ein Deckelchen für einen vorhandenen Topf gefunden ist, mag steinig sein. Letztendlich sichert er aber Lebensqualität und das Erscheinungsbild der Gemeinde. Der hohe Anteil der Einkommensteuer zeigt auch, dass Haar weiterhin als attraktive Wohngemeinde empfunden wird.

Kurzum: Ein spannendes Jahr liegt vor uns. Unser Haushalt ist krisenfest, auch wenn immer noch keine großen Sprünge möglich sind. Und wir sind weit davon entfernt, uns an jeden Strohhalm klammern zu müssen. Wir sehen die Schwerpunkte richtig gesetzt. Letztendlich haben beide großen Parteien das Wort sozial in ihrem Namen und ich denke, es ist ganz gleich, dass es bei uns an erster, bei der CSU an zweiter Stelle steht.

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